von Gisbert Anfang Juli 2022 habe ich Projekttage für zwei Schulklassen in der Landesmusikakademie im Berliner FEZ geleitet. Schülerinnen und Schüler hatten dabei die Möglichkeit, einen praktischen Einblick ins Musikmachen mit Apps zu bekommen.
Aus der Fülle der Möglichkeiten haben wir uns dabei auf einige wenige konzentriert.
Klangschnipsel aufnehmen – Sampling
Die App Keezy (iOS) bietet eine enorm intuitive Oberfläche, um kurze Aufnahmen von Tönen oder Geräuschen zu machen. Durch einfaches Drücken einer Farbfläche auf dem Display eines iPad schneidet man mit, was gerade zu hören ist, macht ein sogenanntes Sample. Dieses Sample kann dann durch erneutes Drücken der gleichen Oberfläche wieder abgespielt werden. Entweder einmal, oder – wenn man die Fläche gedrückt hält – in steter Wiederholung, das nennt man dann einen Loop. Acht Klänge lassen sich mit Keezy aufnehmen und wieder abspielen, genug, um sich ein Instrument aus selbst gewählten Klängen zusammen zu stellen.
Die Schülerinnen und Schüler haben sich in der direkten Umgebung des FEZ auf die Suche nach interessanten Klängen begeben. Anschließend haben wir diese Klänge miteinander geteilt und uns über ihre Eigenschaften ausgetauscht.
Musikmachen mit Loops
Launchpad (iOS) und remixlive (Android) bieten Nutzer:innen eine große Auswahl bereits vorproduzierter Loops: Beats, Bassläufe und kurze Melodien und Akkordfolgen. Die sind so aufeinander abgestimmt, dass sie sich frei miteinander kombinieren lassen: mal diesen Basslauf mit jenem Beat, mal eine ganz andere Kombination.
So ein Musikmachen ist befreit von motorischen Herausforderungen, wie sie sich beim Lernen eines Instrumentes ergeben, auch braucht es hier kein Wissen um Tonleitern oder sonstige Musiktheorie. Statt dessen liegt der Fokus der Gestaltung beim Gefühl für musikalische Dramaturgie und Form:
- Möchte ich die Musik langsam Element für Element aufbauen?
- Oder soll alles gleichzeitig losbollern?
- Möchte ich Akzente setzen, durch Kontraste in der Dynamik und Auswahl der Loops?
- Oder ziele ich auf Kontinuität und nur subtile Veränderungen?
Mit Freude und Enthusiasmus haben sich die Schülerinnen und Schüler ihre musikalischen Versuche präsentiert.
Als weiterführenden Schritt habe ich den Interessierten die App Groovebox ans Herz gelegt: an Stelle vorgefertigter Loops lassen sich hier eigene Beats und kurze Melodien gestalten. Als hilfreiche Ausgangsbasis dafür gibt es auch die Möglichkeit, zufällige Muster aufzurufen und dann weiter zu bearbeiten.
Grundlagen elektronischer Musik mit The Oscillator
Einen Gegenpol zum diesen Beat-orientierten Anwendungen stellt die App The Oscillator (iOS) dar. Ganz minimalistisch konzentriert sie sich auf Grundlagen elektronischer Klangerzeugung. Die übersichtliche Oberfläche bietet drei Klangquellen:
- zwei gleich aufgebaute Oszillatoren zur Erzeugung von Tönen
- einen Rauschgenerator
Alle drei lassen sich in der Lautstärke regeln, durch Filterung der hohen Klanganteile individuell gestalten. Außerdem kann man bei den Oszillatoren die Tonhöhe ändern und zwischen verschiedenen Schwingungsformen unterscheiden. Alles in allem ein guter Einblick in die subtraktive Synthese, wie sie mit analogen Synthesizern z. B. von Moog genutzt wurde und wird. Der Zugang zu Klang, den die App bietet, ist vom Sound Design – der Gestaltung von Klang – her gedacht. Man hat es also weniger mit einem Musikinstrument und mehr mit einem einfachen Klangerforschungs und Klangformungsgerät zu tun.
Im Zusammenspiel mehrerer Schüler:innen ergeben sich experimentelle Klangbilder, die nicht so leicht wie die vorproduzierten Loops aus Launchpad an Erwartungen und Erfahrungen mit Musik anknüpfen. Die elementaren Klangbausteine, die sich mit The Oscillator gestalten lassen fordern heraus, sich auf subtile Differenzen des Hörbaren einzulassen und die Offenheit für Hörerfahrungen jenseits vertrauter musikalischer Formeln zu genießen.
Musik mit Apps – ein weites Feld
Diese drei verschiedenen Apps, die in der ersten Erkundung in ganz unterschiedliche Richtungen führen standen bei den Projekttagen stellvertretend für viele weitere Anwendungen für Smartphone oder Tablet. Gemeinsam ist vielen Apps eine Unmittelbarkeit des Zugriffs. Viele Funktionen lassen sich direkt intuitiv aus den Oberflächen erschließen, wenn man eine gewisse Vertrautheit mit digitalen Medien mitbringt – die allermeisten Schülerinnen und Schüler tun das. Viele haben mit Begeisterung und Neugier die sich bietenden klanglichen und musikalischen Möglichkeiten ausgelotet und es ist eine Freude, das zu begleiten.