Treffpunkt Synthesizer in der Heinrich-Schulz-Bibliothek

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von Gis­bert Schürig

Warum Elektronische Musik in Bibliotheken?

Elek­tro­ni­sche Musik machen in Biblio­the­ken? Wie geht das zusam­men, wo Biblio­the­ken doch Orte des stil­len Lesens und Arbei­tens sind, wäh­rend Musik ja nun­mal auf Klang basiert? Auf­merk­sa­men Leser*innen die­ses Blogs wird auf­ge­fal­len sein, das die­se Kom­bi­na­ti­on inzwi­schen gar nicht mehr sel­ten ist. Hier bei­spiel­haft Berich­te von einem Sound­par­cours und Work­shops von lev in Ber­li­ner Biblio­the­ken. Ver­schie­de­ne Ent­wick­lun­gen kom­men da zusammen:

  • Ber­li­ner Biblio­the­ken sind inzwi­schen längst mul­ti­me­di­al, bie­ten neben Büchern (Musik-)Computerarbeitsplätze, lei­hen digi­ta­le Medi­en oder auch elek­tro­ni­sche Instru­men­te aus. 
  • Kopf­hö­rer ermög­li­chen völ­lig selbst­ver­ständ­lich ein rei­bungs­lo­ses Mit­ein­an­der von stil­ler Kon­zen­tra­ti­on und dem Hören von Pod­casts oder eben Musik.
  • Vie­le Biblio­the­ken sind aus­ge­stat­tet mit einer aus­rei­chen­den Anzahl von iPads, die sich als mobi­le Mehr­zweck­ge­rä­te eben auch her­vor­ra­gend zum Musik­ma­chen eig­nen, wenn sie mit den ent­spre­chen­den Musik-Apps bestückt sind.
  • Nicht zuletzt fin­den offe­ne Ange­bo­te elek­tro­ni­sche Musik zu machen auch dar­um in Biblio­the­ken statt, weil der Bedarf nach sol­chen Ange­bo­ten bis­lang nicht selbst­ver­ständ­lich von Musik­schu­len abge­deckt ist.

Ein Treffpunkt, keine Lehrveranstaltung

Von April bis Juli 2024 habe ich in der Hein­rich-Schulz-Biblio­thek in Ber­lin-Char­lot­ten­burg nahe­zu wöchent­lich den Treff­punkt Syn­the­si­zer durch­ge­führt. Dank der För­de­rung durch den Pro­jekt­fonds Char­lot­ten­burg-Wil­mers­dorf konn­te ich den Treff­punkt als kos­ten­lo­ses For­mat für alle Inter­es­sier­ten ab 13 Jah­ren anbie­ten und bin dabei auf reges Inter­es­se gestoßen.

Aus­gangs­punkt war die Idee, ein Ange­bot zu schaf­fen, wo Inter­es­sier­te Infor­ma­tio­nen zu Elek­tro­ni­scher Musik ein­ho­len kön­nen, wo vor allem aber auch der Aus­tausch im Vor­der­grund steht, wo Zeit und Raum ist für Aus­pro­bie­ren und Nach­fra­gen. Mein Wunsch war, für die Teil­neh­men­den einen Rah­men zu schaf­fen, sich in der Fül­le der Mög­lich­kei­ten zu ori­en­tie­ren, die eige­nen Inter­es­sen dazu in Bezie­hung zu set­zen und nicht zuletzt über die geteil­te Fas­zi­na­ti­on ins Gespräch zu kommen.

Wer hat mitgemacht?

Ganz unter­schied­li­che Teil­neh­men­de haben sich von dem Ange­bot ange­spro­chen gefühlt. Jugend­li­che und jun­ge Erwach­se­ne, die schon Erfah­run­gen mit Musik­soft­ware mit­brach­ten, kamen vor­bei um sich wei­te­re Anre­gun­gen zu holen. Erwach­se­ne, die zwar schon lan­ge ein Instru­ment spie­len, aber noch gar kei­ne Erfah­run­gen mit elek­tro­ni­schem Musik­ma­chen hat­ten haben die Tref­fen genutzt, um sich eine ers­te Ori­en­tie­rung zu ver­schaf­fen. Ande­re haben ein län­ge­re Zeit schlum­mern­des Hob­by wie­der aus­ge­gra­ben oder haben die Syn­the­si­zer des Ehe­part­ners nun für sich ent­deckt. Nicht zuletzt kamen auch aus­drück­li­che Ken­ner und Prak­ti­ker elek­tro­ni­scher Musik und haben ihre Erfah­run­gen bereit­wil­lig in der Grup­pe geteilt. Durch die­se viel­fäl­ti­ge Mischung berei­cher­te die Ter­mi­ne ganz erheb­lich und es erga­ben sich ganz unter­schied­li­che sozia­le Konstellationen:

  • von mir vor­be­rei­te­te Demons­tra­tio­nen und Erklärungen
  • indi­vi­du­el­les Experimentieren
  • Tei­len von Erkennt­nis­sen und Klang­er­geb­nis­sen mit der Grup­pe oder in Kleingruppen
  • Grup­pen­ge­sprä­che
  • gegen­sei­ti­ge Bera­tung zwei­er oder meh­re­re Teilnehmender

Auch gab es eine gute Mischung von Teil­neh­men­den, die immer wie­der kamen und so eine sta­bi­le Grup­pe schu­fen und stets neu­en Gesich­tern mit alter­na­ti­ven Blick­win­keln und zuvor unge­stell­ten Fragen.

Orientierung durch Einblicke in Stationen der Synthesizer-Geschichte

Die Fül­le der Anwen­dun­gen, die mit heu­ti­gen Com­pu­tern im Musik­be­reich mög­lich sind, ist abso­lut über­wäl­ti­gend. Ein und das­sel­be Gerät kann je nach Soft­ware Klän­ge erzeu­gen, steu­ern, auf­neh­men, mit Effek­ten ver­se­hen und natür­lich auch abspie­len. Die­se Funk­ti­ons­viel­falt ist unge­heu­er prak­tisch, da so z. B. mit einem trans­por­ta­blen Lap­top ein Musik­ma­chen mög­lich ist, für das vor weni­gen Jahr­zehn­ten noch gan­ze Räu­me vol­ler Gerä­te nötig gewe­sen wären.

Der Pro­zess, sich Kennt­nis­se zu die­sen vie­len Mög­lich­kei­ten anzu­eig­nen kann aber erschwert sein, wenn im Umgang mit der All­zweck­ma­schi­ne Com­pu­ter die Anschau­lich­keit vie­ler Pro­zes­se ver­lo­ren geht. Bei einer Gitar­re kann ich sehen und spü­ren, wie die ange­schla­ge­ne Sai­te vibriert, bei einem Ton­band sehe ich immer­hin noch die Bewe­gung der Spu­len. Im Umgang mit Musik­soft­ware bekom­me ich nur das mit, was beim Design der Ein­ga­be­ober­flä­che für wich­tig befun­den wur­de, die Nach­voll­zieh­bar­keit der Funk­ti­ons­wei­sen ist dabei alles ande­re als selbstverständlich.

Im Rah­men der Ter­mi­ne von Treff­punkt Syn­the­si­zer habe ich ver­sucht, eine Ver­bin­dung zwi­schen tech­ni­scher Ver­gan­gen­heit und Gegen­wart her­zu­stel­len und damit Anschau­lich­keit und Nach­voll­zieh­bar­keit zu erhö­hen. Grund­funk­tio­nen der Klang­er­zeu­gung mit Syn­the­si­zern haben wir uns an jeweils ein oder zwei aus­ge­such­ten Hard­ware-Gerä­ten ange­schaut. Im Anschluss gab es die Mög­lich­keit, die vor­ge­stell­ten Aspek­te auch in Musik­soft­ware auf den Tablets der Biblio­thek auszuprobieren.

Die­se Vor­ge­hens­wei­se hat sich im Lau­fe der Rei­he als sinn­voll und erfolg­reich erwie­sen, nicht zuletzt weil vie­le aktu­el­le digi­ta­le Soft­ware-Syn­the­si­zer sich eng am Auf­bau und der Klang­er­zeu­gung älte­rer ana­lo­ger Syn­the­si­zer ori­en­tie­ren. Haben die Teil­neh­men­den z. B. ein­mal die Klan­gei­gen­schaf­ten der Recht­eck-Wel­len­for­men beim Ver­mo­na Per­four­mer MkII ken­nen­ge­lernt, dann kön­nen sie die­se gut in der „vir­tu­ell-ana­lo­gen“ Audio­kit Syn­th One App wie­der­erken­nen. Die­se kos­ten­lo­se App ist auf den iPads der Hein­rich-Schulz-Biblio­thek instal­liert und damit auch weit über die Lauf­zeit des Treff­punkt Syn­the­si­zer in der Biblio­thek nutz­bar. Das glei­che gilt auch für die Soft­ware, die auf den Com­pu­tern des Music-Maker­space m3 instal­liert ist und in der Biblio­thek zu den Öfnungs­zei­ten zugäng­lich ist.

Finde den Regler

Der Per­four­mer MKII, ein vier­stim­mi­ger ana­lo­ger Syn­the­si­zer der säch­si­schen Fir­ma Ver­mo­na. Ein Reg­ler für die Wel­len­form fin­det sich z. B. in der obers­ten Rei­he ganz links, ein­ge­stellt ist gera­de die Rechteck-Wellenform.

Auch bei der Audio­kit Syn­th One App ist die Recht­eck-Wel­len­form ein­ge­stellt. Auf die­sem Bild sehr klein und dun­kel, aber bei genau­em hin­se­hen oben links auf dem Bild­schirm des iPad zu erspähen.

Gefun­den?

Hier noch ein­mal aus der Nähe:

Ein Wel­len­form-Reg­ler des Ver­mo­na Per­four­mer mit­tig im Bild, eng­lisch bezeich­net mit „Wave“. Ein­stell­ba­re Wel­len­form sind Sinus, Drei­eck, Recht­eck, Säge­zahn, Noi­se (Rau­schen). Außer­dem gibt es die Mög­lich­keit, eine exter­ne Klang­quel­le auszuwählen.

Der Bereich zur Ein­stel­lung der Wel­len­form in der Syn­th One App: Drei­eck, zwei Vari­an­ten von Recht­eck sowie Sägezahn.

Sequencing – die Freuden automatisierten Musikmachens

Auch beim auto­ma­ti­sier­ten Abspie­len von Klän­gen fin­den sich Über­ein­stim­mun­gen zwi­schen den soge­nann­ten Hard­ware-Sequen­cern, mit denen sich Syn­the­si­zer steu­ern las­sen und den Soft­ware-Sequen­cern, die heu­te zur Ver­fü­gung stehen.

Seu­en­cing mit digi­ta­ler Hard­ware: der Beat­step Pro von Arturia.

Sequen­cing mit digi­ta­ler Soft­ware: Bass­li­ne aus der Roze­ta Sequen­cer Suite von Bram Bos.

Trotz diver­ser Unter­schie­de in Dar­stel­lung und Bedie­nung fin­den sich bei die­sen ver­schie­de­nen Sequen­cern auch vie­le Gemeinsamkeiten:

  • Stan­dard-Lauf­rich­tung von links nach rechts, ange­zeigt durch ein Lauf­licht oder eine wan­dern­de Linie
  • visu­el­le Akzen­tu­ie­rung gespiel­ter Töne durch hel­le­re Anzei­ge – nicht gespiel­te Posi­tio­nen wer­den dunk­ler dargestellt
  • Sequen­zen haben oft eine vor­ein­ge­stell­te Län­ge von sech­zehn Schrit­ten, die sich aber auch ändern lässt

Sol­che Gemein­sam­kei­ten im direk­ten Ver­gleich zwi­schen ver­schie­de­nen Hard­ware-Typen und Soft­ware-Lösun­gen zu erfah­ren ermög­lich­ten rasch einen intui­ti­ven Zugang zur Kunst des Sequen­cing. Die Teil­neh­men­den haben aus­gie­big von der Mög­lich­keit Gebrauch gemacht, eigen­stän­dig Funk­tio­nen zu erkun­den, haben sich dabei gegen­sei­tig mit Tipps gehol­fen und mit inter­es­san­ten Klang­er­geb­nis­sen inspi­riert. Mei­ne Rol­le war es dann, bei gele­gent­lich auf­tre­ten­den Pro­ble­men zu bera­ten oder auch Hin­wei­se auf wei­ter­füh­ren­de Funk­tio­nen und damit mehr musi­ka­li­sche Aus­drucks­mög­lich­kei­ten zu geben.

Jammen mit Sequencer und Synthesizer

Eine belieb­te Kon­stel­la­ti­on war das gemein­sa­me Jam­men mit einem Sequen­cer und einem Syn­the­si­zer: Eine Per­son über­nahm dabei die Aus­wahl der rhyth­mi­schen Mus­ter und Ton­hö­hen auf dem Sequen­cer, eine ande­re gestal­te­te wäh­rend des­sen den Klang des Syn­the­si­zers, der die­se Ton­fol­gen abspielte.

Hier ist zu sehen, wie rechts am Beat­step Pro die Sequenz ver­än­dert wird, wäh­rend links an der Syn­th One App auf dem iPad klang­li­che Ver­än­de­run­gen vor­ge­nom­men werden.

Mit­un­ter wur­den dabei auch meh­re­re Sequen­cer und Syn­the­si­zer par­al­lel gespielt. Wie das geklun­gen hat, kann man in die­ser Mon­ta­ge mit Bil­dern vom Treff­punkt hören:

Zum gemein­sa­men Hören dien­te bei sol­chen Jams ent­we­der ein Misch­pult, oder prak­ti­sche Miniklinken-Verteiler-Sterne.

Schlaglichter auf Synthesizer-Entwicklungen der letzten Jahrzehnte

Häu­fig war die Grup­pe aber auch gemein­sam um einen Syn­the­si­zer ver­sam­melt und gemein­sam haben wir nach­voll­zo­gen, wel­che tech­ni­schen und klang­li­chen Beson­der­hei­ten der Klang­er­zeu­gung die­ses Gerät aus­zeich­nen. Neben klas­sisch ana­lo­gen Syn­the­si­zern wie eben von Ver­mo­na oder Moog haben wir uns dabei auch Klas­si­ker digi­ta­ler Syn­the­se vorgenommen.

1983 brach­te die Fir­ma Yama­ha mit dem DX7 einen Syn­the­si­zer auf den Markt, der mit der vom Kom­po­nis­ten John Chow­ning ent­wi­ckel­ten FM-Syn­the­se aus­ge­stat­tet war. Die FM-Syn­the­se bot im Ver­gleich zur ana­lo­gen sub­trak­ti­ven Syn­the­se damals ganz neue Klangmöglichkeiten.

Einen Ein­blick in die Funk­ti­ons­wei­se der FM-Syn­the­se haben wir uns beim Treff­punkt mit der iOS-App KQ Dixie ver­schafft, oben im Bild. Sel­ber kos­ten­los aus­pro­bie­ren geht aber auch hier direkt im Brow­ser oder mit dem kos­ten­lo­sen Plug­in Dexed.

Der enor­me Erfolg des DX7 brach­te auch ande­re Her­stel­ler dazu, auf digi­ta­le Klang­er­zeu­gung zu set­zen. Klas­si­ker die­ser „digi­ta­len Wel­le“ sind z. B. der D-50 und JV-1080, die die Fir­ma Roland 1987 bzw. 1994 auf den Markt brach­te. Hat­te z. B. der Per­four­mer nur vier unab­hän­gig spiel­ba­re Stim­men, kann der JV-1080 mehr als ein Dut­zend kom­plett ver­schie­de­ne Klän­ge gleich­zei­tig erzeu­gen, und jeder die­ser Klän­ge kann aus bis zu vier ver­schie­de­nen Klang­ge­ne­ra­to­ren, soge­nann­ten „Tones“ zusam­men­ge­setzt sein.

Die mas­si­ve Erwei­te­rung der klang­li­chen Mög­lich­kei­ten ging bei die­sen Model­len mit einem Ver­lust an Unmit­tel­bar­keit in der Klang­ge­stal­tung ein­her. Für eine kaum über­schau­ba­re Fül­le ein­stell­ba­rer Para­me­ter gibt es beim JV-1080 genau einen Dreh­reg­ler, den man per Menü je unter­schied­lich zuweist.

Die Teil­neh­men­den haben sol­che Her­aus­for­de­run­gen mit detek­ti­vi­scher Lei­den­schaft ange­nom­men. Mit Hil­fe der aktu­el­len Editing-Soft­ware Patch­ba­se haben wir einen Blick auf die Hin­ter dem Menü ver­steck­te Klang­er­zeu­gungs-Archi­tek­tur des JV-1080 gewor­fen. Anhand schon bekann­ter Ele­men­te wie z. B. dem Fil­ter haben wir uns Ori­en­tie­rung ver­schafft, wie die ver­schie­de­nen Kom­po­nen­ten zusammenwirken.

Oben ein Über­blick in Patch­ba­se über einen von je vier Klang­quel­len, die sich pro Stim­me kom­bi­nie­ren las­sen. Mit­tig in blau die Sek­ti­on für die Ein­stel­lun­gen des Filters.

Ver­glei­chend haben wir einen Blick auf den Roland D-50 gewor­fen, den eine Teil­neh­me­rin mit­ge­bracht hat. Die­ser 1987 ein­ge­führ­te digi­ta­le Syn­the­si­zer war der Ver­such der Fir­ma Roland, ein wei­tes Spek­trum an mög­li­chen Klän­gen mit ein­fa­cher Bedien­bar­keit zu kombinieren.

Die Klang­ge­stal­tung soll­te intui­ti­ver mög­lich sein, als bei der FM-Syn­the­se, ohne aber auf deren viel­fäl­ti­ge Mög­lich­kei­ten ver­zich­ten zu müs­sen. Um das mög­lich zu machen, wähl­ten die Inge­nieu­re eine cle­ve­re Stra­te­gie und mach­ten sich dabei Beson­der­hei­ten mensch­li­chen Höh­rens zunut­ze: Unse­re Wahr­neh­mung von Klän­gen ist stark geprägt durch die Eigen­schaf­ten, die wir ganz am Anfang, beim Ein­schwin­gen eines Klan­ges wahr­neh­men. Der wei­te­re Klang­ver­lauf ist weni­ger ent­schei­dend und kann dem­entspre­chend auch ein­fa­cher gestal­tet sein.

Das brach­te die Ent­wick­ler auf die Idee, die Syn­the­se beim D-50 aus zwei Kom­po­nen­ten zu kom­bi­nie­ren:

  • kur­ze Auf­nah­men kom­ple­xer Klän­ge – soge­nann­te PCM-Samples – die direkt beim Ein­schwin­gen den Cha­rak­ter eines Klan­ges prägen
  • Klang­er­zeu­gung im Sti­le klas­si­scher sub­trak­ti­ver Syn­the­se, digi­tal simuliert

So lie­ßen sich zwei Pro­ble­me gleich­zei­tig lösen:

  • die Kur­zen Samples erwei­ter­ten die Klang­pa­let­te enorm
  • die Ori­en­tie­rung an sub­trak­ti­ver Syn­the­se ermög­lich­te eine intui­ti­ve­re Klang­ge­stal­tung als FM-Synthese

Die zwei ver­schie­de­nen Klang­quel­len lie­ßen sich auf ver­schie­de­ne Arten mit­ein­an­der kom­bi­nie­ren und in Bezie­hung set­zen, so wie das der DX7 mit sei­nen Algo­rith­men vor­ge­macht hat­te. Oben im Bild die sie­ben mög­li­chen Kon­stel­la­tio­nen. „S“ steht hier für Syn­the­se, „P“ für PCM-Samples. „R“ steht für die Opti­on, bei­de Klang­quel­len nicht nur zusam­men zu mischen son­dern per Ring­mo­du­la­ti­on viel­fäl­ti­ge Kom­bi­na­ti­ons­klän­ge zu erzeugen.

Sol­che Bli­cke in die Syn­the­si­zer-Geschich­te haben wir auch immer wie­der prak­tisch in Bezie­hung gesetzt zu aktu­el­len Mög­lich­kei­ten. War Roland beim D-50 noch gezwun­gen, wegen gerin­ger Spei­cher­ka­pa­zi­tä­ten auf sehr kur­ze Samples zu set­zen, ist es heu­te z. B. schon mit einer güns­ti­gen App wie Koa­la (iOS/Android) mög­lich, eine Viel­zahl von Samples ver­schie­de­ner Dau­ern eigen­stän­dig zu erstel­len und zu kombinieren.

Ver­schie­de­ne Samples las­sen sich in Koa­la intui­tiv über die Touch-Ober­flä­che eines Tablet auf­neh­men, bear­bei­ten und abspielen.

Konstanten der Klangerzeugung

Sol­che Ein­bli­cke in die Ent­wick­lung elek­tro­ni­scher Hard­ware- und Soft­ware-Instru­men­te der letz­ten Jahr­zehn­te haben den Teil­neh­men­den mehr Ori­en­tie­rung ermög­licht. Trotz gro­ßer Unter­schie­de wei­sen vie­le Instru­men­te eine ähn­li­che Archi­tek­tur auf:

  • ein (oder meh­re­re) Klang­er­zeu­ger, sei es ein Oszil­la­tor oder ein Sample
  • wird modi­fi­ziert – durch einen Fil­ter, FM oder Ringmodulation
  • und in sei­nem Laut­stär­ke­ver­lauf durch eine Hüll­kur­ve gestaltet

Fazit

Sol­che Kon­stan­ten der Klang­ge­stal­tung im eigen­stän­di­gen Pro­bie­ren zu erfah­ren, ermög­lich­te den Teil­neh­men­den, nach­zu­voll­zie­hen, wie sich in den Ober­flä­chen aktu­el­ler Musik­soft­ware die Geschich­te elek­tro­ni­scher Klang­er­zeu­gung ein­ge­schrie­ben hat. In der Unüber­sicht­lich­keit end­lo­ser Mög­lich­kei­ten wer­den so Ord­nun­gen erkenn­bar, musik- und tech­nik­ge­schicht­li­che Kon­stan­ten, zu denen man sich in Bezie­hung set­zen kann.

In die­sem Sin­ne ver­ste­he ich den Treff­punkt Syn­the­si­zer, so, wie er statt­ge­fun­den hat, auch als einen Bei­trag zur För­de­rung der digi­ta­len Alpha­be­ti­sie­rung. Aktu­el­le tech­ni­sche Gerä­te und Medi­en ver­stel­len nicht sel­ten Wege, ihre Vor­zü­ge eigen­stän­dig und selbst­be­stimmt zu nut­zen. Statt­des­sen legen sie durch ihre Nut­zer­ober­flä­chen stan­dar­di­sier­te Kon­sum-Optio­nen nahe. Mit dem rei­bungs­lo­sen Flow im Umgang mit intui­ti­ven Nut­zer­ober­flä­chen geht lei­der auch nicht sel­ten eine Art Ent­mün­di­gung ein­her. Denn in dem Maße, wie die tech­ni­schen Details kom­plett hin­ter die­sen Ober­flä­chen ver­schwin­den, ver­schwin­det eben auch die Nach­voll­zieh­bar­keit und poten­ti­el­le Gestalt­bar­keit die­ser Prozesse.

Der detail­lier­te Blick auf Mecha­nis­men elek­tro­ni­scher Klang­er­zeu­gung ist in die­sem Sin­ne auch ein Ver­such, Pro­zes­sen Raum zu geben, in denen Gestalt­bar­keit erschlos­sen, neu erobert wer­den kann. Die Begeis­te­rung und der Enthu­si­as­mus, den ich bei die­sen „Bli­cken hin­ter die Kulis­sen“ von den Teil­neh­men­den gespürt habe sagen mir, dass das gelun­gen ist.

Ein herz­li­ches Dan­ke­schön an die Hein­rich-Schulz-Biblio­thek, die die Räum­lich­kei­ten zur Ver­fü­gung gestellt hat und an den Pro­jekt­fonds Kul­tu­rel­le Bil­dung Char­lot­ten­burg-Wil­mers­dorf, des­sen För­der­gel­der die Umset­zung finan­ziert haben.

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