von Gisbert
Klänge nicht mit Instrumenten spielen zu müssen, sondern wie eine Malerin direkt gestalten zu können, dieses Thema hat manche Komponistinnen und Komponisten schon vor vielen Jahren intensiv beschäftigt.
Die britische Komponistin Daphne Oram hat zu diesem Zwecke seit den 1960 Jahren ihre Oramics Machine entwickelt:
In Russland entwickelte Evgeny Sholpo schon 1930 das Variophon, das vor allem zur Vertonung von Filmen diente:
Ebenfalls in Russland baute der Audioingenieur Yevgeni Murzin zwischen 1937 und 1957 seinen ANS Synthesizer:
Dieser ANS Synthesizer diente dem russischen App-Entwickler Alexander Zolotov als Inspiration für seine Apps virtualANS und phonopaper. Statt mit Hilfe tonnenschwerer Maschinen, die es in der Regel nur in einer einzigen Ausführung gibt, kann man diese Möglichkeiten heute mit dem Smartphone oder Tablet-Computer umsetzen.
AGs in Berlin Altglienicke
Seit August 2019 läuft in der Medienetage von wetek im Jugendzentrum Altglienicke ein wöchentliches Angebot zu elektronischer Musik, im November sind zwei AGs an der benachbarten Schule am Pegasuseck hinzugekommen. Im Rahmen dieser Angebote haben wir vor allem die Möglichkeiten ausgelotet, phonopaper zum Erzeugen von Klängen und Klangabläufen zu nutzen.
Impressionen aus den AGs
Sinnliches Experimentieren mit konkretem Material
Während die App sich nur eingeschränkt eignet, um konventionelle musikalische Resultate zu erzielen, öffnet sie aber viele Möglichkeiten experimentellen Gestaltens zwischen Bild und Klang. Diese Möglichkeit wurden von den teilnehmenden Kindern mit Freude erkundet.
Anstatt auf der Oberfläche eines iPads, fand der Gestaltungsprozess komplett auf Papier statt, als Zeichnung oder gemaltes Bild, mit Wollfaden, als Papiercollage oder als Abdruck eines gesteckten Musters.
Experimentelles Gestaltens mit den sinnlichen Materialien stand dabei klar im Vordergrund vor dem gezielten Ansteuern spezifischer Klänge, den hörbaren Resultaten wurde aber stets mit Neugier gelauscht.
Variationen, Loops und Klangschichtungen
Über das einzelne Klangbild hinaus haben wir anhand zusammengeklebter „Papierschlangen“ das Prinzip der Variation erkundet – inspiriert von Hokusais „36 Ansichten des Berges Fuji“. Die Shiluette eines Berges kann in phonopaper z. B. einer aufwärts und wieder abwärts gehenden Tonfolge entsprechen, mehrere solcher Gestalten in Folge ergeben eine thematische Variationsreihe.
Ein weiteres fundamentales Prinzip elektronischen Musikmachens ist der Loop, die Klangschleife. Diese lässt sich mit phonopaper als Papierrolle ganz einfach umsetzen. Natürlich können auch mehrere Loops miteinander zu Klangschichtungen kombiniert werden:
Danke
Die AGs wurden vermittelt über die Musikschule Treptow-Köpenick und bis Januar 2020 finanziert durch Gelder des Amt für Kultur und Weiterbildung der Stadt Berlin, insbesondere das Projekt GeschlechtE[r]xperimente. Danke auch an die Kooperationspartner wetek Medienetage sowie die Schule am Pegasuseck, in deren Räumlichkeiten die AGs stattfinden.
Last but not least ein Dankeschön an app2music_DE & Kultur macht stark, durch deren Förderung diese Projekte auch in 2020 weiterlaufen können.